In Österreich wird § 278a StGB missbraucht um Menschen zu verfolgen, die ebenso legale wie notwendige NGO-Arbeit leisten.
7. Dezember 2010 ORF Report: Agentin im HühnerstallMartina Schmidt vom ORF Report berichtete am 30. Novemberüber die verdeckte Ermittlerin. 17 Monate war Danielle Durand
im Herzen des VGTs, nahm in dieser Zeit an über 200 Aktivitäten teil und erschlich sich so das Vertrauen vieler AktivistInnen.
Generalsekretär von Amnesty International Österreich, Mag. Heinz Patzelt, äußert sich in einem Interview kritisch über die Verfolgung der TierschützerInnen.
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Die Tierschutzcausa
Seit 1998 gelangen dem Tierschutz in Österreich zunehmend gesetzliche Erfolge gegen die schrankenlose wirtschaftliche Nutzung von Tieren. Vom Pelzfarmverbot 1998 bis zum Legebatterieverbot, das 2005 beschlossen wurde, gab es Erfolge, die gewissen Kreisen offenbar übel aufstießen. Ende 2006 begann man mit Ermittlungen, die im April 2007 in die Gründung einer Sonderkommission mündeten. Mit allen Schikanen wie Observationen, Videofallen, Spitzeln, Peilsendern, Lauschangriffen, Telefonüberwachungen usw. wurden allein im Jahr 2008 gegen insgesamt 267 TierschützerInnen Überwachungsmaßnahmen angeordnet. Dann wurden 32 Hausdurchsuchungen durchgeführt und 10 AktivistInnen 3 ½ Monate in U-Haft gehalten. Da trotzdem keine Straftaten nachgewiesen werden konnten, gab das Justizministerium die Weisung, 13 TierschützerInnen anzuklagen. Seit 2. März 2010 läuft der Tierschutzprozess.
Der Tierschutzprozess
13 Personen wurden angeklagt, 10 davon waren bereits 3 ½ Monate in U-Haft. Alle 13 sind wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation im Tierschutz nach § 278a angeklagt, die 35 Tierschutzkampagnen (gegen Pelz, Legebatterien usw.) geführt haben soll und seit 1988 (dem Tag der ersten Sachbeschädigung an einem Pelzgeschäft – mit roter Farbe ist das Schaufenster bemalt worden) aktiv wäre. 200.000 Aktenseiten beschreiben eine Anzahl von Straftaten über mehr als 20 Jahre ohne Hinweis auf die TäterInnen, sowie zahlreiche legale Kampagnen und radikale Äußerungen der Angeklagten im Internet. § 278a macht es möglich, aus diesem Sammelsurium eine Anklage mit 120 ZeugInnen der Anklage zu basteln. Bis Ende November 2010 – also nach 8 Monaten Prozess – sind 95 ZeugInnen der Anklage einvernommen worden. Die Verteidigung hat 300 ZeugInnen beanrtagt. Der Prozess zeigt, was eine Anklage nach § 278a bedeutet: das gesamte Aktivismusleben der Angeklagten steht vor Gericht, der Prozess wird zum Monsterprozess, die Gerichtstage werden mit völlig sinnlosen Bagatellstraftaten ohne TäterInnen und legalen NGO-Aktionen ohne Straftaten gefüllt.
Highlights
- Die SOKO hat den Angeklagten die ihnen zustehende Einsicht in die Ermittlungsakten verweigert. Am 14. Oktober 2010 wurde die SOKO vom Landesgericht Wr. Neustadt deshalb in scharfen Worten verurteilt. Erst an diesem Verhandlungstag wurde bekannt, dass das Büro des Hauptangeklagten, das als
Kommandozentrale der kriminellen Organisation
bezeichnet wird, technisch überwacht worden war. Ergebnisse davon sind bis heute nicht bekannt. Damit wurde von Ihrer SOKO auch § 139 StPO verletzt. - Die SOKO hat Abschlussberichte vorgelegt. Entgegen § 3 der StPO wurden dabei Alibis, die der SOKO bekannt waren, nicht erwähnt. Die Beweisanträge zu diesen Alibis an die Polizei einfach ignoriert. Stattdessen hat die SOKO einen Verdacht in den Raum gestellt, der gar nicht bestand.
- Laut Protokoll vom 5. Juni 2008 (Ordnungsnummer 1a, Seite 256, im Gerichtsakt) sprach der operative Leiter der Sonderkommission mit der zuständigen Untersuchungsrichterin vor der ersten Haftverhandlung persönlich. Er führte dabei 11 Verdachtsmomente gegen die Beschuldigten an, die für deren Untersuchungshaft sprechen sollten. Alle 11 angeführten Punkte sind falsch. Z.B. behauptete er, bei
fast allen
der 10 Untersuchungshäftlinge seien „Tarnanzüge, Sturmmützen und Einwegspritzen, wie sie für Buttersäureanschläge verwendet werden“, sichergestellt worden. Faktum ist, laut Listen der beschlagnahmten Gegenstände, dass bei keinem einzigen der U-Häftlinge Tarnanzüge, Sturmmützen und Einwegspritzen gefunden worden sind. Nur einer der 10 hatte einen Tarnanzug (military look) und Sturmmützen zu Hause, und 5 andere, die als TierpflegerInnen arbeiteten, hatten Einwegspritzen. 4 der 10 hatten weder noch. - Laut erstem Polizeibericht vom 14. November 2007 zum Brand einer Jagdhütte bei Zurndorf im Burgenland, wurde dieser Brand von einem Polizisten am 11. November 2007 um 19 Uhr entdeckt und entsprechend wird
Vorfallszeit: 11. 11. 2007 11.00 Uhr – 11. 11. 2007 19.00 Uhr
angegeben (siehe Ordnungsnummer 227). Als die SOKO die Ermittlung übernahm, wusste sie durch die Telefonüberwachung, dass einer der Angeklagten am 13. 11. 2007 (also 2 Tage später) um 11 Uhr im selben Jagdgebiet war. In ihrem Bericht vom 8. März 2008 (also 4 Monate später) zu dem Vorfall (Ordnungsnummer 244) steht dann plötzlichTatzeit 11. 11. 2007 19.09 Uhr – 13. 11. 2007 13.40 Uhr
. So wurde die Tatzeit verlegt, um einen Verdacht zu konstruieren. Später stellte sich heraus, dass diese Jagdhütte wegen Überhitzung des Ofens abgebrannt war. - Sowohl der Leiter der SOKO, Mag. Erich Zwettler, als auch Chefinspektorin Bettina Bogner, gaben vor Gericht an, dass die eingesetzte verdeckte Ermittlung Anfang 2008 beendet wurde und nur nach dem SPG zur Gefahrenabwehr eingesetzt worden war. Jetzt liegen Beweise vor, dass die verdeckten Ermittlungen gesetzwidrig bis mindestens September 2008 angedauert haben. Die Leitung der SOKO hat also nicht nur vor Gericht die Unwahrheit gesagt, es wurde auch keine nach § 133 (1) StPO für diese verdeckten Ermittlungen erforderliche Genehmigung eingeholt.
- In einer Presseaussendung des Innenministeriums vom 4. 9. 2008 steht wörtlich:
Folgende Ermittlungsergebnisse müssen der verdächtigen Tätergruppe zugeordnet werden: 9 Brandstiftungen [… und zahlreiche Sachbeschädigungen]
. Insgesamt führt das Ministerium in dieser Liste von Straftaten, die den Beschuldigten in der Tierschutzcausa zugeordnet werdenmüssen
, 62 Straftaten an. Bei der Befragung vor Gericht gab die Leitung der SOKO aber einhellig zu, dass in keiner Phase der Ermittlungen diese Straftaten den Beschuldigten zugeordnet wurden, und schon gar nicht zugeordnet werden mussten. Diese Straftaten sind auch nicht angeklagt. - Am 19. Juni 2008 traf sich laut vorliegendem Aktenvermerk die SOKO in den entsprechenden Räumlichkeiten in der Wasagasse 22 in 1092 Wien, um zu beschließen, dem Verein Gegen Tierfabriken die Gemeinnützigkeit zu entziehen zu versuchen. Wörtlich wurde im Protokoll festgehalten:
Wenn es gelingt, die Gemeinnützigkeit abzusprechen, sind weitere Maßnahmen sinnvoll.
Der Verein sollte also vernichtet werden, obwohl die Gemeinnützigkeit mit kriminellen Handlungen nichts zu tun hat. Das beweist, dass es der SOKO nicht um die Aufklärung krimineller Handlungen, sondern um die Vernichtung aufmüpfiger Vereine gegangen ist. Da die Gemeinnützigkeit des Vereins bestätigt wurde, ließ das Justizministerium nach § 278a anklagen – wenn sonst nichts mehr geht. - Am 24. Februar 2010 verhörte die SOKO eine Psychiatrie-Patientin hinter dem Rücken ihres Ehemanns und Pflegers, die von der Uniklinik Innsbruck mit paranoiden Wahnvorstellungen diagnostiziert worden war. Im vollen Bewusstsein dieses Umstandes versuchte die SOKO dieser kranken Frau Aussagen gegen die Beschuldigten zu entlocken, weil die Frau bis 2002 beim Verein Gegen Tierfabriken mitgeholfen hatte.