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PARAGRAPH 278a REFORM JETZT!

Novellierungsvorschlag von § 278 StGB

Inhaltlich Neues ist grün, kursiv und weiß hinterlegt. Gestrichenes ist rot und durchgestrichen dargestellt. Ein Klick auf die markierten Textstücke führt zu den entsprechenden Anmerkungen, der weiter unten auf der Seite gesammelten Erläuterungen.

Kriminelle Vereinigung

§ 278. (1) Wer eine kriminelle Vereinigung gründet oder sich an einer solchen als Mitglied beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Eine kriminelle Vereinigung ist ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen, der darauf ausgerichtet ist, dass von einem oder mehreren Mitgliedern der Vereinigung ein oder mehrere Verbrechen, andere erhebliche Gewalttaten gegen Leib und Leben, nicht nur geringfügige Sachbeschädigungen, Diebstähle oder Betrügereien, Vergehen nach den §§ 104a, 165, 177b, 233 bis 239, 241a bis 241c, 241e, 241f, 304 oder 307, in § 278d Abs. 1 genannte andere Vergehen oder Vergehen nach den §§ 114 Abs. 1 oder 116 des Fremdenpolizeigesetzes ausgeführt werden.

(3) Als Mitglied beteiligt sich an einer kriminellen Vereinigung, wer im Rahmen ihrer kriminellen Ausrichtung eine strafbare Handlung begeht oder sich an ihren Aktivitäten in einer führenden Position [/als Teil der Führungsebene] mit der Absicht beteiligt, dass dadurch strafbare Handlungen der Vereinigung erst ermöglicht werden durch die Bereitstellung von Informationen oder Vermögenswerten oder auf andere Weise in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördert.

(4) Hat die Vereinigung zu keiner strafbaren Handlung der geplanten Art geführt, so ist kein Mitglied zu bestrafen, wenn sich die Vereinigung freiwillig auflöst oder sich sonst aus ihrem Verhalten ergibt, dass sie ihr Vorhaben freiwillig aufgegeben hat. Ferner ist wegen krimineller Vereinigung nicht zu bestrafen, wer freiwillig von der Vereinigung zurücktritt, bevor eine Tat der geplanten Art ausgeführt oder versucht worden ist; wer an der Vereinigung führend teilgenommen hat, jedoch nur dann, wenn er freiwillig durch Mitteilung an die Behörde (§ 151 Abs. 3) oder auf andere Art bewirkt, dass die aus der Vereinigung entstandene Gefahr beseitigt wird.

(5) Keine kriminelle Vereinigung im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zusammenschluss, der das Ziel hat, von der Rechtsordnung oder der Gesellschaft gebilligte Werte, solche sind insbesondere Menschenrechte, Umweltschutz, Tierrechte oder Soziales, zu fördern.

Erläuterungen zum Reformvorschlag

Absatz 2

In § 278 Abs 2 wird das Wort Sachbeschädigungen, gestrichen.

Da bislang auch Sachbeschädigungen, sofern sie nicht bloß ganz geringfügig waren, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen den Tatbestand des § 278 herzustellen vermochten, wurden Bereiche der Bagatellkriminalität von einem vergleichsweise hohen Strafrahmen erfasst. So konnte bisher eine Gruppe von wild plakatierenden Personen uU bereits dem Tatbestand des § 278 unterstellt werden: jemand der dazu einen Pinsel zur Verfügung stellte, ohne konkret zur Straftat beizutragen, aber in dem Wissen, die Gruppe dadurch zu fördern, konnte deren Mitglied und nach § 278 strafbar sein. Auch Akte des Vandalismus in Gruppen, wie sie vor allem bei Jugendlichem häufiger auftreten, hätten uU zu einer Bestrafung nach § 278 führen können. Vergleicht man den Strafrahmen einer Sachbeschädigung unter 3.000 € Schaden (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis maximal 6 Monate – § 125 StGB), mit jenem des § 278 (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren), liegt hier ein Wertungswiderspruch im Bereich der Bagatellkriminalität vor, zumal Sachbeschädigungen dann, wenn sie beispielsweise aus jugendlichem Übermut passieren, einen geringeren Unrechtgehalt aufweisen, als Diebstähle oder Betrügereien, die nach wie vor von § 278 erfasst sind. Daher wurde die Notwendigkeit erkannt, Sachbeschädigungen von der Liste der Katalogstraftaten des § 278 zu entfernen. Sofern Sachbeschädigungen durch dieselben Täter wiederholt verübt werden, bietet der Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB Handhabe, die Täter bei Übersteigen der Wertgrenze wegen schwerer Sachbeschädigung zu verurteilen, einem Straftatbestand, der einen Strafrahmen bis zu zwei Jahren, bei über 50.000 € Schaden, sogar bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, aufweist.

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Absatz 3

§ 278 Abs 3 lautet:

(3) Als Mitglied beteiligt sich an einer kriminellen Vereinigung, wer im Rahmen ihrer kriminellen Ausrichtung eine strafbare Handlung begeht oder sich an ihren Aktivitäten in einer führenden Position [/als Teil der Führungsebene] mit der Absicht beteiligt, dass dadurch strafbare Handlungen der Vereinigung erst ermöglicht werden.

Abgesehen von dem Fall dass der Täter Straftaten der Organisation begeht, wird als Mitglied nur mehr erfasst, wer in einer führenden Position Straftaten der Organisation ermöglicht. In einer führenden Position soll andeuten, dass es nicht der oberste Organisationsführer sein muss; es reicht, wenn sich der Täter in der Führungsebene der Organisation befindet.

Der Ausdruck erst ermöglicht stellt klar, dass hier mehr als eine bloße Förderung von strafbaren Handlungen gemeint ist, es bedeutet, ohne die Ermöglichungshandlung wären die strafbaren Handlungen nicht nur erschwert sondern gar nicht möglich, wobei hier eben keine echte Beitragstäterschaft iSd § 12 StGB vorliegen muss, sondern es reicht, wenn der Täter durch seine Handlung strukturell ermöglicht, dass Straftaten begangen werden, zB Waffen kauft, in der Absicht, dass gegebenenfalls Straftaten damit verübt werden.

Die Vorsatzform wurde von der Wissentlichkeit auf Absicht angehoben, um auf diese Weise Handlungen die ein anderes Ziel verfolgen, aber nur als Nebenwirkung Straften ermöglichend wirken, vom Anwendungsbereich des StGB auszuschließen. Zu denken ist dabei an Informationen, die ein Journalist etwa im Internet veröffentlicht und die eine kriminelle Organisation für ihre Zwecke nutzt.

Aus dem Gesetz, ergeben sich, je nach Lesart, entweder zwei Mitgliederbegriffe, oder es liegt streng betrachtet legistisch ein logischer Mangel vor.

Zwei Mitgliedschaftsbegriffe insofern, als es faktisch auch Mitglieder geben muss, die zwar strafbare Handlungen ermöglichen, aber nicht führend tätig sind. Diese Form der Mitgliedschaft wäre dann nicht strafbar.

Man könnte alternativ auch sagen, hier liegt ein Logikfehler vor, da der Gesetzestext Personen erst zu Mitgliedern macht, die in einer Führungsebene sind, während diese ja schon Mitglied gewesen sein müssen, bevor sie in eine Führungsebene kamen.

Legistisch könnte man dem wie folgt begegnen. Man könnte beim Mitgliedschaftsbegriff ohne das Element führende Position auskommen, und dann alle Mitglieder von der Strafbarkeit ausnehmen, die nicht in einer Führungsposition waren: Nicht strafbar ist, wer als Mitglied einer kriminellen Vereinigung weder strafbare Handlungen im Rahmen ihrer Ausrichtung begangen hat noch in einer führenden Position tätig war.

Hinsichtlich der Anwendung dürfte das erwähnte Logikproblem aber nicht bestehen, und die hier gewählte scheint praktisch einfacher handhabbar.

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Absatz 5

3. § 278 StGB wird folgender Abs 5 hinzugefügt:

(5) Keine kriminelle Vereinigung im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zusammenschluss, der das Ziel hat, von der Rechtsordnung oder der Gesellschaft gebilligte Werte, solche sind insbesondere Menschenrechte, Umweltschutz, Tierrechte oder Soziales, zu fördern.

§ 278 kann schon in Bereichen relativ geringer Kriminalität zur Anwendung kommen und weist ein dafür vergleichsweise hohes Strafmaß auf. Zwar wurde dies durch den Vorschlag, Sachbeschädigungen aus dem Katalogsbestand des § 278 zu streichen, entschärft, dennoch besteht die Gefahr, dass auch zivilgesellschaftlich agierende Gruppen nach § 278 StGB verfolgt werden. Beispielsweise könnten Aktionen von Umweltschutzgruppen, bei denen Genmais entfernt wird, als Diebstahl aufgefasst und gegen die entsprechende Gruppe könnte nach § 278 StGB vorgegangen werden.

Da aber eine letztlich auch von der Gesellschaft nicht gewollte Kriminalisierung von NGOs unbedingt vermieden werden sollte, wird für Gruppierungen, welche die Förderung von gesellschaftlich oder rechtlich gebilligten Werten zum Ziel haben, ein Ausnahmetatbestand geschaffen. Dieser hebt freilich nicht die Strafbarkeit bezüglich anderer Delikte auf.

Der Bezug insbesondere auf von der Rechtsordnung gebilligte Werte in Zusammenhang mit der demonstrativen Aufzählung liefert einen tauglichen Beurteilungsmaßstab und verhindert, dass sich beispielsweise rassistische oder nationalsozialistische Gruppierungen erfolgreich auf diese Ausnahme berufen können.

Der Ausnahmetatbestand gilt gemäß ausdrücklicher Verweisung auch für § 278a StGB. § 278a StGB benötigt aufgrund seiner Unbestimmtheit und Weitläufigkeit mehrere Sicherungen, damit eine zielgerichtete Anwendung gewährleistet ist. So kann beispielsweise auch Bereicherungsabsicht einer NGO uU unterstellt werden und selbst bei einem genauer konkretisierten Organisationsbegriff bleibt noch Spielraum für eine Subsumtion unter beispielsweise einen zivilgesellschaftlichen Verein. § 278a StGB sollte nicht zivilgesellschaftliches Engagement oder NGOs kriminalisieren, sondern echte organisierte Kriminalität. Dies wird durch die vorgeschlagene Änderung deutlich.

Dass, wie gegenständlich, die Motivation des Handelnden für die Strafbarkeit oder das Ausmaß der Strafe eine Rolle spielt, ist dem Strafrecht nicht fremd. So stellt es beispielsweise einen besonderen Milderungsgrund dar, wenn die Tat aus achtenswerten Beweggründen (§ 34 Abs 1 Z 3 StGB) begangen wurde, wohingegen rassistische, fremdenfeindliche oder andere besonders verwerfliche Beweggründe straferschwerend sind (§ 33 Z 5 StGB). Auch das Verwaltungsstrafrecht kennt die Motivation als Teil des Tatbildes, beispielsweise bei den Antidiskriminierungstatbeständen des Art III Abs 1 Z 3 EGVG.

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